Ist ein oder beide Elternteil(e) an einer Angststörung erkrankt (auch weitere Generationen zurück, können eine Rolle spielen), wird diese Veranlagung (Genetik) und möglicherweise auch die erlernten Muster oder erlebten Gefahrenmomente an die nächste Generation weitergegeben (Epigenetik).
Praxis – Weg ins Leben
Angst und Panikattacken erkennen und behandeln
So gewinnst du deine Lebensqualität zurück
Angst zählt zu den 5 wichtigsten Gefühlen (Angst, Wut, Traurigkeit, Freude und Scham), die wir Menschen empfinden und die uns – in normaler Ausprägung – ein guter Kompass bei (lebens)wichtigen Entscheidungen ist. Gefühle, die sich in der Evolution „bewährt“ haben, sicherten von Anbeginn unser Überleben – so auch die Angst, die erst einmal eine natürliche Reaktion auf Gefahr bedeutet.
Das Angstgefühl hat also eine überlebenswichtige Funktion und ist, in gesunder Ausprägung, zu tiefst lebensbejahend. Das Bedürfnis nach Sicherheit und Überleben ist von Anbeginn in uns Menschen verankert. Die ganze Bandbreite der Angst erstreckt sich von dem – vermeintlich harmlosen – nichts „falsch“ machen zu wollen, um nicht aus der Gemeinschaft ausgeschlossen zu werden, bis hin zur Existenzangst, bei der unser Leben wahrhaftig in Gefahr ist.
Neben der Scham scheint kaum ein anderes Gefühl den Menschen so zu beherrschen wie die Angst. Wenn die Angst überhand nimmt und weder in Intensität noch Dauer zu der momentanen Situation passt, verengt sich unser Radius an Handlungsmöglichkeiten (kleinere Komfortzone). Wir sind zunehmend in unserer Lebensqualität und im Alltag eingeschränkt. Unser individuelles Wachstum ist damit unterbunden.
Unterschied von gesunder Angst und pathologischer Angst
Natürliche und gesunde Angst
Sind wir in Gefahr oder werden wir bedroht, erleben wir das Gefühl von Angst (Realangst) als eine gesunde und sinnvolle Antwort unseres Körpers. Die blitzschnelle körperliche Reaktion hilft uns, eine real existierende Gefahr zu überstehen, indem wir entweder kämpfen, flüchten, erstarren oder uns unterwerfen (die "4 Fs" in Englisch: fight, flight, freez, fawn). Angst und das, was sie im Körper für Vorgänge auslöst, hilft evolutionär eine konkrete Gefahr auszuhalten oder ihr zu entkommen und sichert damit unser Überleben. Die "4 Fs" sind auch als – Angstmanagement bekannt.
Angststörung oder pathologische Angst
Im Gegensatz zu der beschriebenen gesunden Reaktion auf eine reale Bedrohung, gibt es bei einer Angsterkrankung in dem aktuellen Moment keine reale Bedrohung. Bei einer Angsterkrankung oder Angststörungen sind die Angstgefühle deutlich ausgeprägt und überschreiten ein normales Maß an Intensität und Dauer. Langfristig ist die Lebensqualität und der Alltag der Betroffenen stark beeinträchtigt. Die empfundenen Einschränkungen, machen der Psyche zusätzlich zu schaffen. Die Stimmung ist zeitweise so gedrückt, dass sich daraus eine Depression oder sogar suizidale Gedanken entwickeln können.
Was passiert in unserm Körper bei Angst?
Erhöhte Alarmbereitschaft:
Erhöhte Muskelspannung und Reaktionsgeschwindigkeit; schärferes Sehen (geweitete Pupillen) und Hören; das Nebennierenmark schüttet bspw. Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol aus.
Verstärkte Energiezufuhr:
Herzfrequenz, Puls und Blutdruck sind erhöht. Die Atmung wird schneller. Das Blut bindet mehr Sauerstoff, die Blutgefäße der Haut verengen sich und die Skelettmuskulatur wird stärker durchblutet.
Verringerte Blutversorgung der inneren Organe:
Kein Hungergefühl bis hin zur Übelkeit; Entleerung von Magen, Darm und Blase; kein sexuelles Verlangen.
Ausschalten des Verstandes:
Nachdenken und Analysieren werden deaktiviert. Kein Zugang zum Frontalhirn und damit kein Abwägen möglich.
Schock- / Schreckstarre:
Lähmung, Erstarrung, Gefühllosigkeit
Mögliche Symptome bei Angst
Es gibt ganz unterschiedliche Arten von Angststörungen, die von spezifischen Ängsten / Phobien bis zu Panikattacken reichen. Das Gefühl Angst zeigt sich immer (auch) auf der körperlichen Ebene. Daher ist es wichtig, dass Angstsymptome, die auch bei anderen Erkrankungen auftreten können, ärztlich abgeklärt werden! Angst-Symptome zeigen sich bei Erwachsenen anders als bei Kindern (z. B.: Bauchschmerzen).
Zu den häufigsten Angstsymptome zählen:
- Herzklopfen
- Brustschmerzen
- Schwindel
- Nervosität
- Mundtrockenheit
- Oberbauch-Beschwerden
- Erstickungsgefühle
- Atembeschwerden
- Beklemmungsgefühle
- Benommenheit
- Angst, verrückt zu werden
- Kontrollverlust
- Schwitzen
- Schweißausbrüche
- Furcht zu sterben
- Muskelspannung
- Depersonalisation
- Derealisation
- Zittern
- Tremor
- Schwäche
- Taubheitsgefühle
- Kribbeln auf der Haut
- Angst, zu sterben
Wie entstehen Angststörungen?
Derzeit gibt es zu verschiedene Angsttheorien auch anerkannte, teils umfassend erklärenden Modelle, welche beschreiben, wie Angststörungen entstehen. Allerdings wird an den verschiedene Theorien immer wieder weiter geforscht, sodass es momentan nicht möglich ist, abschließende Aussagen zu treffen. Eine sehr plausible Erklärung liefert das sogenannte Vulnerabilitäts-Stress-Modell:
Hierbei geht die Fachwelt davon aus, dass zu der individuellen Konstitution, gewisse (Risiko-) Faktoren kommen, die bei zusätzlicher Belastung, dann zu Stress oder Angst führen. Dass nicht alle Menschen mit in gleichen Situationen Angst und/oder Stress empfinden, liegt daran, dass wir eine unterschiedliche Menge von Bewätigungsstrategien (ausreichend Ressourcen) zur Verfügung haben.
Es gibt weitere Auslöser und aufrechterhaltende Faktoren, die für ein erhöhtes Risiko, an einer Angststörung zu erkranken diskutiert werden – gleichwohl sie mit zu der verschiedenen Parametern des oben beschriebenen Vulnerabilitäts-Stress-Modells zählen:
Genetische und epigenetische Faktoren:
Dauerfeuer in bestimmten Gehirnarealen:
Grade das limbischen System – allen voran die Amygdala (Mandelkern) – ist bei emotionalen Reaktionen sowie der Speicherung von Gedächtnisinhalten beteiligt. Wurde(n) eine oder mehrere intensive, bedrohliche Situation(en) erlebt, so kommt es zu einer Daueraktivierung dieses Alarmsystems, bei der auch der Hirnstamm und die Hirnrinde betroffen sind. Es bilden sich Reiz-Reaktions-„Autobahnen“, die verhindern, dass neue Lösungs„Wege“ betreten werden können.
Veränderter Stoffwechsel im Gehirn:
Erlernte Denkmuster:
Erfahrungen aus der Kindheit:
NARM® Bindungstheorie:
Ursachen, die im eigenen Leben stattfinden oder stattgefunden haben:
Weitere Faktoren, die zur Entstehung einer Angsterkrankung betragen:
Aufrechterhaltende Faktoren sind beispielsweise:
Vulnerabilitäts-Stress-Modell

Angst-Therorien
- Bandura Lerntheorie: Eine Person (Modell) wird beobachtet. Erscheint das Modellverhalten als sinnvoll und ist es dem Lernenden möglich, dieses Verhalten nachzuahmen, so wird das Verhalten (bewusst und unbewusst) imitiert.
- Kognitive Theorie (Aaron Beck): Angst entsteht, wenn die Auftretenswahrscheinlichkeit einer Gefahr groß, die Kosten eines Schadens hoch und eine Bewältigungsstrategie (Coping-Strategien) und die Chance auf Hilfe von außen gering eingeschätzt werden. (= erhöhte Selbstbeobachtung und generalisierte Schlussfolgerung)
- Psychoanalytische Theorie (Sigmund Freud):
- neurotische Angst: Das ICH droht vom übermächtigen, triebgesteuerten ES überwältigt zu werden
- moralische Angst: Das ÜBER-ICH droht mit Strafe wegen Verletzung von Regeln → es entsteht Scham und Schuld → DAS wieder zu erleben, ist die Angst
- Neurobiologische Theorie: Ein besteht ein Ungleichgewicht von Neurotransmittern (Serotonin, Noradrenalin, Gamma-Aminobuttersäure); es kommt, bspw. im limbischen System, zu strukturellen Hirnveränderung.
Formen der Angst
Phobische Störungen
Dabei handelt es sich um eine Angst, die ausschließlich durch eindeutig definierte, eigentlich ungefährliche Situationen (Tiere, Gegenstände oder andere Dinge) außerhalb des Körpers ausgelöst wird. In der Folge werden diese Situationen typischerweise vermieden oder nur mit Furcht ertragen. (Agoraphobie, Sozialphobie, Angst vor Spinnen, Höhenangst,...).
Andere Angststörungen
Hierbei ist Angst das Hauptsymptom, ohne auf bestimmte Umgebung/Situationen bezogen zu sein (Generalisierte Angst, Panikattacke, Panikstörung).
Zwangsstörungen
Hierzu zählen die wiederkehrenden Zwangsgedanken und -handlungen oder -impulse. Diese sind stereotyp, häufig unfreiwillig, quälend oder abstoßend, sinnlos und werden von den Betroffenen als ineffektives erlebt. Widerstand gegen die zwanghaften Züge werden sehr häufig als erfolglos berichtet.
Belastungs-/ Anpassungsstörungen
Es gab in der Biografie ein primäres außergewöhnliches, (belastendes) Erlebnis, welches (unterm anderem) zu einer Störung der sozialen Funktionsfähigkeit führt. Ängste, die durch dieses Ereignis ausgelöst wurden, wären sonst nicht entstanden.
Angst, Panikattacke oder mehr?
Was ist eine Panikattacke
Eine Panikattacke ist ein Syndrom = mehrere Angst-Symptome , die gleichzeitig auftreten. Sie ist spontan, eventuell wiederkehrend und erreicht in wenigen Minuten ein Maximum an Unbehagen (Panik). Die Panikattacke lässt sich nicht auf eine spezifische Situation oder besondere Umstände beschränken und ist deshalb auch nicht vorhersehbar.
Panikattacken können ein Symptom von Phobien, Belastungsstörungen (z. B. PTBS) und weiteren seelischen Erkrankungen sein.
Im Rahmen einer Panikstörung treten vermehrt Panikattacken auf. Diese Wiederholungen von Angsterleben, führen dazu, dass die Betroffenen oft „Angst vor der Angst“ haben. Denn in einer Situation, in der schon einmal eine Panikattacke erlebt wurde, speichert unser System – ganz automatisch und unbewusst – das Erleben an die Angst gekoppelt ab. Die Betroffenen fürchten sich bereits im Vorfeld vor einer Panikattacke. Nicht selten führt das zum sozialen Rückzug der Betroffenen und damit zu weiteren Problemen.
Hilfe aus dem „Notfall-Koffer“
Hierbei handelt es sich nicht um einen echten Koffer, sondern um eine individuelle Sammlung von „Skills“ – als Erste-Hilfe-Maßnahme (z. B. gegen eine Panikattacke). Ursprünglich stammt dieses Prinzip aus der Dialektisch-Behavioralen Therapie (DBT) und wurde von Marsha M. Linehan speziell für die Behandlung bei Borderline-Störung entwickelt. Es eignet sich hervorragend auch für viele andere Situationen, in denen es für die Betroffenen wichtig ist, nicht „außer sich“ zu geraten. Sich im Moment, handlungsfähig und damit selbstwirksam wahrzunehmen, ist hierbei das Ziel.
Unter „Skills“ versteht man Fertigkeiten und Techniken, die man z. B. unter Anleitung erlernt, um mit bestimmten Situationen besser umgehen zu können. Dazu gehören: Achtsamkeitsübungen, Entspannungsverfahren, Rituale, Imaginationsübungen (Tresor-Übung). Aber auch Gegenstände wie ein Igelball, Gummiband oder das Kauen auf einer Chilischote (und weitere) können helfen, sich zu spüren, sich abzulenken und sich im „Hier und Jetzt“ zu erleben und zu halten.
Wenn Sie dazu Fragen haben, sprechen Sie mich an.
Soforthilfe bei einer Panikattacke
Das Denken ist während der Panikattacke weitgehend ausgeschaltet. Die Angst ist so intensiv, dass wir nicht mehr in der Lage sind abzuwägen, ob es sich um eine real existierende Bedrohung handelt oder nicht. Die gute Nachricht ist, dass sich eine Panikattacke anbahnt und nicht plötzlich da ist. Wir haben eine kurze Sequenz – des sich „Ankündigens“ und können diese Zeitspanne nutzen, um uns selbst zu beruhigen, indem wir die im Vorfeld erlernten Strategien (sogenannte „Skills“) anwenden. Diese Tipps zur Panikattacken-Soforthilfe haben sich bewährt:
- Richten Sie Ihre Aufmerksamkeit ganz bewusst auf Ihre Atmung und geben Sie sich selbst die Anweisung: „Ich atme jetzt – ganz bewusst – langsamer und ruhiger“.
- Orientieren Sie sich, indem Sie sich bewusst umschauen und die Dinge, die sie mit den Augen und Ohren wahrnehmen, benennen. Orientierung verschafft Sicherheit!
- Versuchen Sie 5 „rote“ Dinge zu benennen, die sie in diesem Moment sehen können.
- Wenn Sie ein Entspannungsverfahren erlernt haben, wenden Sie es so gut es geht an.
- Wenn Sie sich aus einer früheren therapeutischen Sitzung einen „Notfall-Koffer“ gepackt haben, kommt dieser jetzt zum Einsatz.

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Raus aus der Angst und Panik!
Sie haben den ersten Schritt gemacht. Informationen sammeln und nach Hilfe suchen, ist genau richtig, um aus der lähmenden Angst und Panik herauszukommen.
Ich biete Ihnen den geschützten und sicheren Rahmen und schaue mir mit Ihnen gemeinsam Ihre Ängste an. So können Sie wieder in ein selbstbestimmtes Leben zurückfinden.
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Angststörung ++
Es kommt öfters vor, dass sich zu einer Angststörung eine oder mehrere Begleiterkrankung(en) – sogenannte Komorbiditäten – gesellen. Dazu zählen beispielsweise weitere Ängste, Zwänge, Depression, Suchterkrankungen – auch Medikamentenabhängigkeit („Benzos“ = Benzodiazepine), Essstörungen oder Persönlichkeitsveränderungen (Ängstlich-vermeidende Persönlichkeitsstörung).
Wenn Sie bei sich Dinge erkennen, die Sie vermuten lassen, dass es sich dabei um Begleiterscheinungen einer Angsterkrankung handen könnte, sprechen Sie Personen Ihres Vertrauens (Ärztin/Arzt, Therapeut*in, Freunde, ...) an. Gerne können Sie auch ein unverbindliches Erstgespräch mit mir vereinbaren.
15 Prozent sind betroffen
Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e. V. veröffentlichte bereits 2017 einen Artikel: „Wenn Angst krankhaft wird" der besagt, dass bei rund 15 Prozent der Bevölkerung die Angstreaktion entgleist und krankhaft wird. Demnach litten 2017 unter Angsterkrankungen, allein in Europa, rund 60 Millionen Menschen – ungefähr 12,5 Millionen waren es 2022 in Deutschland.
Frauen sind hierbei deutlich häufiger betroffen als Männer. Dazu kommt, dass die Erkrankung in knapp der Hälfte der Fälle nicht erkannt wird und die Betroffen dadurch viel länger unter ihren Symptomen leiden, bevor sie professionelle Hilfe in Anspruch nehmen.
Ängste, Phobien und Panikattacken sind die häufigsten psychischen Diagnosen – noch vor Depression. Grade Kinder und Jugendliche sind zunehmend von Angststörungen betroffen.
Holen Sie sich jetzt HilfeWas können Sie selbst tun?
Es gibt fast nichts Schlimmeres, als sich selbst nicht helfen zu können. Deshalb ist es wichtig, in den Momenten intensiven Angsterlebens die eigene Selbstwirksamkeit zu erfahren.
Sie gehen damit bereits die ersten Schritte:
- Reden Sie über Ihre Ängste mit Personen Ihres Vertrauens.
- Klären Sie die Ihre Symptome medizinisch ab.
- Informieren Sie sich weiter über Angststörungen – ggf. auch über weiterführende Literatur, sodass Sie Klarheit und eine Orientierung haben.
- Nehmen Sie sich Ihren persönlichen „Notfall-Koffer“ vor.
- Überlegen Sie sich, ob eine Selbsthilfegruppe für Sie hilfreich sein könnte. Erfahrungen mit anderen Betroffenen auszutauschen, ist oft schon sehr erleichternd.
- Nehmen Sie professionelle psychotherapeutische Begleitung in Anspruch.